Sasayuri-ann - Die Geschichte seiner Entstehung

Bis vor dreißig Jahren noch hat überall in den Gebüschen auf dem Land die fein duftende – für Japan charakteristische – SASAYURI geblüht, die für Japan re¬präsentative Lilie. Aufgrund der schleichenden Naturzerstörung und der Umwelt¬ver¬änderungen muss man sie suchen, wenn man sie sehen möchte. – Man sagt, dass ein Sech¬stel aller Liliengewächse der Welt aus Japan stammen. Die SASAYURI trägt Japan sogar in ihrem wissenschaftlichen Namen: Lilium japonicum. - Mit ihr ist ein Stück der vertrauten Schönheit der Natur verlorengegangen. – Auch die strohgedeckten Bauern¬häuser, die die traditionelle Architektur der Japaner repräsentierten, sind in den letzten fünfzig Jahren auf einmal vershwunden. Heute kann man sie kaum mehr sehen.

  Die so genannte Globalisierung, die Ausbreitung einer Monokultur, die der Ökonomie die Priorität einräumt, hat, ohne dass die Menschen es gemerkt haben, in vieler Hinsicht regelrechte Tragödien hervorgerufen. Die Kulturen und Traditionen verschiedenster Volks¬stämme und ethischer Gruppen werden zerstört, ihre Identitäten bedroht, und die Angst vor dem Verlust der Persönlichkeit und dem Verfall der Gesellschaft verbreitet sich zunehmend.

  In Japan sehen auch die Provinzstädte wie Vorstädte von Tôkyô aus, und die Franchise Ladenketten der Großunternehmen beherrschen die monotonen Hauptstraßen der Pro¬vinz; man findet dort keine Spur von Tradition oder Individualität. – Oder kommt es nur mir wie eine Wüstenlandschaft vor? Wohin sind die schönen Ansichten und Land¬¬¬schaften, nach denen ich mich zurücksehne, nur verschwunden?

  Der international tätige deutsche Architekt Bruno Taut hat zwischen 1933 und 1935 die japanischen Bauerndörfer besucht. Taut war der Überzeugung, dass „die Tradition nicht mit Worten spricht, sondern sich in der Architektur ausdrückt“. In diesem Sinne, meine ich, ist der Verlust der für Japan charakteristischen strohgedeckten Bauern¬häuser vielleicht gleichbedeutend mit dem Verlust unserer Tradition und Identität.


Ich, der Besitzer des Sasayuri-ann, bin im Jahr Shôwa 35 (1960) geboren. In meiner Kind¬heit habe ich noch das Quellwasser aus den Bergen getrunken, den Reis von den Terrassen-Feldern, das Gemüse von den Äckern und die Eier von unseren Hühnern gegessen. Dazu gab es die Milch von den Ziegen. Auch mit Fischen vom Meer haben wir uns selbst versorgt. Mit Energie wiederum versorgte und das Kleinholz aus den Bergen: wir koch¬ten damit auf dem „kamado“-Herd den Reis, und machten damit das Wasser für das „ofuro“-Bad heiß. Gewaschen wurde in einem Bottich. Aufgewärmt haben wir uns am „hibachi“-Kohlenbecken. – Kurz, abgesehen vom elektrischen Licht waren wir fast zu 100 Prozent „autark“ und folgten dem Prinzip „lokaler Konsum von lokal her¬gestellten Produkten“.

Tatsächlich war es mein tägliches Pensum, aus dem Bergwald Reisig und Kleinholz ins Haus zu holen, das Badewasser heiß zu machen und den Reis auf dem Herd zu kochen. An vieles erinnere ich mich nicht mehr so genau, aber ich sehe es noch ganz deutlich vor mir, wie vom Herd – knisternd („meramera-pachipachi“) - die orange-roten Funken sprühten, wenn wir Reisig nachlegten.   “Kamado”, “hibachi” und “irori” sind verschwunden. Mit der weltweiten Verbreitung fos¬si¬ler Energie und dem Auftreten von Gasherden wurde Brennholz, die Energie aus den Wäldern, von heute auf morgen nutzlos; und die Menschen vom Dorf – meine Mutter eingeschlossen – haben sich von den Mühen der täglichen Hausarbeit befreit - und sind dem Fortschritt gefolgt.

1964: die Olympiade in Tôkyô. 1970: die Weltausstellung in Ôsaka. In der zweiten Häl¬fte der 1980er Jahre: die Bubble-Ökonomie mit dem Slogan „Japan s No.1“. – Als ein Nebeneffekt des Wachstums und der Entwicklung Japans setzte die Landflucht ein. Und auch die Natur der Insel Awajishima, meines „furu-sato“, wurde schon bald zer¬stört - die Landschaft degenerierte zu dem chaotischen Durcheinander, wie wir es heute vor Augen haben.
1979 begann ich mein Studium an der Sangyô Universität in Kyôto. Glücklicherweise befindet sich diese Universität im Norden Kyôtos, in einer Gegend, in der der Einfluss des Oberen Kamo-Schreins und auch der Geist der „Alten Hauptstadt“ noch zu spüren war. Aber auch hier hatte die wirtschaftliche Entwicklung schon viel zur Zerstörung der Landschaft und der traditionellen Kultur beigetragen.

  Gegen die damaligen sozialen und ökonomischen Trends suchte ich - aus einem starken, wenn auch mir selbst nicht ganz verständlichen Wunsch heraus - nach einem wirk¬lichen „Reichtum“. Und fand zufällig Morimoto Tetsurôs Buch „Yutakasa e no ta¬bi“ („Die Reise zum Reichtum“). Gleich in den nächsten Ferien brach ich nach Indien zu einer Reise auf, die mich nicht nur zu den Orten brachte, wo Buddha gelebt und gewirkt hatte, sondern auch auf den Himalaya, in das zu Indien gehörende tibetische Ladakh und in die Bergdörfer Nepals, wo ich überall Antworten auf meine Fragen suchte. – Die Menschen in diesen Gegenden waren zwar nicht reich in einem ökonomischen Sinne, ich habe aber in ihren Augen und ihrem Lächeln nicht die Spur eines unglücklichen Ausdrucks gesehen, im Gegenteil, sie schienen mir alle glücklich zu sein. - Ob ich mich da wohl getäuscht habe?

  Ich finde es heute noch merkwürdig, dass ich seither, seit über dreißig Jahren, immer auf der Suche nach dem wahren Reichtum und dem Glück, einerseits wie ein uner¬müdlicher Wahrheitssucher, andererseits als einer, der sich auf die Welt des Geld¬kapitalismus eingelassen hat, ein halbes Jahrhundert alt geworden bin. Jeden Tag in überfüllten Zügen durchgeschüttelt werden, lange Stunden wie verrückt zu arbeiten: – Seit dreißig Jahren frage ich mich, was das mit einem „kulturellen Leben“ zu tun hat.
Heute lautet meine Antwort auf diese Frage: In meiner Kindheit war Japan zwar keineswegs in einem mate¬riellen Sinne „reich“, aber mitten in der Natur, auf eine traditionelle Weise in einer Familie und innerhalb einer Dorfgemeinschaft zu leben, das ist „kulturelles Leben“. Ja, die blaue Insel des Glücks liegt nicht irgendwo in der Ferne, sie liegt zu unseren Füßen.

  Helena Norberg-Hodge, die lange im Ladakh Leh (im zu Indien gehörigen Tibet) gelebt hat, schreibt über ihre Erfahrungen: „Die Entwicklung und der Fortschritt entfremden die Menschen von der Erde, entfremden sie voneinander, - ja, entfremden sie von sich selber. Als Menschen, die glücklich waren, ein am Westen orientiertes Leben anfingen, verloren sie ihren inneren Frieden. Das habe ich selbst beobachtet. - Ich musste zu dem Schluss kommen, dass für die Prägung der Menschen Kultur und Tradition eine viel wichtigere Rolle spielen, als ich früher gedacht habe.“ (aus: „Nostalgische Zukunft“)


Man kann das unbequeme Leben von früher nicht mehr „verschönernd“ zurückholen. Aber man kann doch eine Balance von Zivilisation und Natur, Stadt und Land, Fort¬schritt und Glück, Geldökonomie und „beruhigter“ Ökonomie anzielen – und beständig in dieser Richtung fortschreiten. – Ich denke, das ist ein Thema und eine Aufgabe, mit de¬nen alle heutigen Menschen konfrontiert sind.

  Da die Aktivitäten der Bewohner von Fukano zum Schutz und zur Vermehrung vom Aus¬sterben bedrohten einheimischen SASAYURI (Lilium japonicum) – seit November 2012 Teil des Unesco-Projekts Zukunftserbe -, und die Aktivitäten für die Neukon¬struk¬tion und Erhaltung japanischer traditioneller Hausdächer die gleichen Ziele verfol¬gen, habe ich meinem Haus den Namen „Sasayuri-ann“ gegeben, in der Hoffnung, dass die Bewohner von Fukano es mögen - und die Besucher die Idee, die damit verbunden ist, ver¬stehen werden,

  Bevor die Schilfdachbedeckung des Sasayuri-ann wieder hergestellt wurde, hatte ein schwarzes Metalldach fünfzig Jahre lang mit seiner unorganischen Gestalt dem Haus gleichsam sein Siegel aufgesetzt. Wenn man länger geartet hätte, hätte nicht nur das Metalldach, sondern das Haus selbst nicht mehr gerettet werden können. Nach fünfzig Jahren haben wir wohl die letzte Chance für die Restaurierung genutzt.

  Die dem Berg zugewandte dunkle Westseite des Blechdachs war besonders der Korrosion ausgesetzt. Das Dachgebälk und ein Teil der Pfosten drohten einzustürzen, die ganze Dachkonstruktion neigte sich nach Norden. - Die Pfosten, so nimmt man den Gebrauchspuren nach – wie auch das Haus selbst – sind um die hundertfünfzig Jahre alt sein. Einige sollen vielleicht aber auch zweihundert bis dreihundert Jahre zählen. – Auch wr die ganze Holzkonstruktion nicht mehr in der Waage.

  Auch wenn es heißt, dass die japanische Kultur in Gefahr ist, so scheint sich doch kei¬ner darum zu kümmern; und auch wenn man sagt, dass die Urform des japanischen Hauses, das Haus mit Schilfdachbedeckung, zu verschwinden droht, schert sich nie¬mand darum. - Daran scheint in einer Epoche nichts zu ändern zu sein, die ihre einzige Tugend in der Globalisierung des Fortschritts vor allem der Ökonomie sieht. - Weiter! Weiter! Wachstum! Wachstum! So lautet die alte Devise aus dem Zwanzigsten Jahr¬hundert. Trotz einem weltweiten Marktprinzip und einem ausgereiften Kapitalismus.

Bei Arbeitsaufenthalten in verschieden asiatischen Ländern, konnte ich sehen, dass – schneller noch als in Japan – durch die plötzliche Ausbreitung des Marktprinzips nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem Land die traditionellen Häuser zu ver¬schwin¬den scheinen.

Wenigstens in der Bauerndörfern auf dem Land wird in Japan der traditionelle Haus¬bau noch weitergeführt, aber wenn jetzt, wo das Marktprinzip das bürgerliche Leben und die Kultur umfassend bedroht, die Chance des Wiederaufbaus und der Erhaltung der traditionellen bäuerlichen Häuser und Landschaften verpasst wird, bleibt höch¬stens dieser – im Grunde bejammernswerte - Zustand erhalten.

Wir haben uns im Jahr 2013 der Herausforderung gestellt, gegen den Zeitgeist, ein Handelsgeschäft, das in der vordersten Linie der globalen Wirtschaft operiert, von der Stadt in das Dorf „Fukano“ zu verlagern. Damit haben wir begonnen, uns auf das nächste halbe Jahrhundert vorzubereiten, und so auf neue Trends und Wertvor¬stel¬lun¬gen des Einund¬zwanzigsten Jahrhunderts reagieren zu können, die noch nicht zu sehen sind, aber sicher kommen werden. Es ist ein Versuchsort, wo ein „ausge¬glichener länd¬licher Kapitalismus“ (Sasayuri-ann, Verwaltung des Gästehauses, Re¬staurierung al¬ter Bauernhäuser) und ein „Geldkapitalismus“ (im neuen Bürogebäude) koexistieren - und integriert werden können.

  Stellen Sie sich am Ende des globalen Marktprinzips ein Japan vor, in dem es keine ursprüngliche Natur mehr gibt, und aus dem Kultur und Tradition vollständig ver¬schwunden sind! – Die schöne japanische Landschaft und der japanische Geist, das japanische Herz, Geschenke der schönen Natur und der über Jahrtausende gereiften kulturellen Tradition der Menschen – wenn dies Herz verloren geht, dann ist es doch, als würde man „dem Selbst sein Innerstes entreißen und den Weg zum Verfall gehen“.


2013 wurde auch, wie es alle zwanzig Jahre geschieht, der Schrein von Ise neu er¬richtet. Das Gleiche geschah im Jahr 2013 auch am Großen Schrein von Izumo; hier wird dieses Ritual aber nur alle sechzig Jahre durchgeführt. Vielleicht ist es nur ein Zufall, aber die Restaurierungsarbeiten am „Sasayuri-ann“ begannen auch in diesem Jahr.

Statt Beton und Eisen, den Symbolen der Wirtschaft im Zwanzigsten Jahrhunderts, und statt Plastik waren bei der Restaurierung natürliche Materialen die Basis: Die Balken wurden durch große Kiefern-Stämme ersetzt, ein Zelkova-Stamm wurde zum neuen Hauptpfeiler der Hauses; auch der Boden wurde neu mit Kiefernholz ausgelegt. Mit „geräuchertem Bambus“ wurde die Decke neu überzogen. Der Anbau wurde mit Dach¬ziegeln neu gedeckt, das Haupthaus mit kaya-Schilfgras (Miscanthusgras). Die tradi¬tionellen Kunstfertigkeiten werden künftig immer seltener zu finden sein; und auch teurer werden. Wenn niemand die traditionellen Hausbautechniken weitergibt, wenn sich keiner mehr bemüht, die Naturlandschaft und die Szenerie der Bergdörfer zu erhalten, geht die Vielfalt der Welt verloren. Und wir gehen in eine elende Zukunft, die von der Monokultur der Geldökonomie geprägt sein wird.

Ich möchte die Menschen dazu anstacheln, sich mehr und mehr nicht nur für die ge¬sell¬schaftlichen Zentren, sondern auch für den Reichtum und der Vielfalt der Peri¬phe¬rien zu interessieren.


Im Jahr 2033, wenn der Schrein von Ise wieder neu errichtet werden wird, soll auch das kaya-Dach des „Sasayuri-ann“ wieder neu gedeckt werden. Diese Absicht hatten wir von Anfang an.

  Die Natur und die kulturelle Tradition soll aber nicht nur materiell erhalten werden; die Herzen der Menschen, die unser Dorf besuchen, sollen aufgeweckt werden, ihre „lie¬benden Herzen“ sollen ein immer neues Leben hervorbringen. Das ist die Hoffnung, die ich hege.

  Zuletzt soll noch eine Theorie des verstorbenen Gelehrten Murayama Misao vorgestellt werden. - Murayama sagt, dass die Weltzivilisation sich alle achthundert Jahre ab¬we¬ch¬selnd im Osten, im Westen, im Osten, im Westen, im Osten, im Westen, und dann wieder im Osten weiterentwickelt habe; das sei eine vergessene historische Tatsache. In der westlichen Epoche gäbe es die Tendenz, dass sich die materielle Zivilisation (was man mit den Augen sehen kann) weiter entwickelt, in der östlichen Epoche die, dass sich die geistige Zivilisation (was man nicht mit Augen sehen kann) weiter entwickelt. Nach seiner These befinden wir uns in einer Phase, in der nach achthundert Jahren das Zentrum der Zivilisation sich wieder in den Osten verschiebt. Das ist ein Grund, warum ich die vom Verfall bedrohten „geliebten wichtigen Dinge“ wiederbeleben und für die Zukunft erhalten möchte. Das ist wie ein Trieb, den ich in mir entdeckt habe.

  Der letzte Gipfelpunkt der vom Osten getragen Zivilisation war vor 1200 Jahren, als die Tang-Kultur ihre höchste Blüte erlebte, als Kûkai und Saichô die damals neuzen bud¬dhistsichen Lehren nach Japan brachten. Sumer -> Indus -> Ganges -> Tang. – Viel¬leicht wird sich nun der Fokus auf seinem weiteren Weg nach Osten nach Japan ver¬lagern.

In 400 Jahren wird die Zivilisation im Osten wieder einem Höhepunkt zustreben. Dies wird eine Epoche gewaltiger Veränderungen sein.

Ein solcher globaler Zivilisationsumbruch verändert die Wertvorstellungen der Men¬schen grundlegend; aber da sich dies langsam und gleichsam unsichtbar über Jahr¬zehn¬te, ja Jahr¬hunderte vollzieht, können wir es nicht direkt wahrnehmen.

Die nächste Zivilisation, die im Osten anbrechen soll, wird die heute herrschende kapitalistische Marktwirtschaft, das hegemoniale Nullsummenspiel, die kriegerischen Auseinandersetzungen sehr verändern, auch wenn sie nicht gänzlich abgeschafft werden können. Aber man kann hoffen, dass Teilen, Respekt, Vertrauen und Sicherheit zur Norm werden. Vielleicht kommt eine Zeit, in der aus dem Kampf um Anteile ein „share“ wird, das ein echtes Miteinander-Teilen bedeutet.

Die Menschheit insgesamt sollte, bewusst und gemeinsam, vom Take & Take über das Give & Take zum Give & Give fortentwickeln; und die Wirtschaft sollte von einem Konkurrenzkampf, in dem das „Gesetz des Dschungels“ regiert, und in dem die Ver¬käufer sich nach dem Marktprinzip alle Marktanteile und den Profit sichern und be¬herrschen, zu einer Wirtschaftsethik fortschreiten, wie sich sich im Japan der Edo-Zeit (1603-1868) unter dem Namen „Sanbô-yoshi“ entwickelt hat; was dem Sinne nach „Vor¬teile für Verkäufer, Käufer und die ganze Gesellschaft“ bedeutet. – Jedenfalls scheint dies ein gutes Prinzip für die Verbesserung der gesellschaftlichen Verhältnisse zu sein.

Wenn Japan auch an der Spitze der Gesellschaften, die sich am Marktprinzip orien¬tieren, mitläuft, ist es eine Tatsache, dass es zu den Industrieländern zählt, in denen die Lebenserwartung am höchsten ist. Das erklärt sich natürlich auch aus dem flä¬chendeckenden Sozial¬versicherungssystem und dem hohen Standard der medi¬zini¬schen Versorgung, aber ich glaube, das auch der – bildhaft gesagt – geistig fruchtbare und tie¬fe geschichtliche Boden, der uns in diesem Land friedlich leben lässt – und der vor allem auf dem Land und in den Dörfern noch erhalten ist, dabei eine Rolle spielt.

Ein Beweis dafür ist, dass an dem Wettbewerb „Die 100 schönsten Satoyama“ (Dörfer in der Nähe von Bergen, in denen Land- und Forstwirtschaft betrieben wird) 4474 Dörfer aus dem ganz Japan teilgenommen haben. – Auf dem Land gibt es also noch viele „Sato¬yama“. – Und dass unser „Fukano“ zu den ausgewählten Dörfern gehört, sollte uns bewusst machen, wie wichtig es ist, - dass es existiert!

Zwar gibt es die „Geschichte des geistigen Frieden“ und die „Erde unserer Landschaft“; aber wir Menschen leben leider nun einmal in dieser dreidimensionalen – diesseitigen - Welt und sind Wesen, die nur dank der und über die materiellen Gestalten und Formen unserer Wahrneh¬mungs¬gegenstände zu geistiger Konzentration und einem einheit¬lichen Be¬wusst¬sein kommen: Nur dank dieser schönen Naturlandschaften und auch der nostal¬gischen traditionellen Bauernhäuser können wir auch unser Herz, unseren Geist „reich“ machen.

Kann man nicht sagen, dass natürliche Landschaften und Landschaften, in denen Men¬schen leben, gleichsam das Herz und den Geist der Menschen, die dort leben, wi¬der¬spiegeln?

Das Dorf Fukano und das traditionelle Bauernhaus „Sasayuri-ann“ sind nicht so be¬deutend, dass sie ins Weltkulturerbe aufgenommen werden könnten, man findet hier weder die prächtigen Empfangsräume, wie man sie in den berühmten Tempeln in Nara und Kyôto oder in den Burgen mächtiger Fürsten sehen kann; auch den Luxus der Resort Hotels in den großen Städten such man hier vergebens.

Aber: Man findet hier den Willen von Menschen, die eine ursprüngliche Natur und das „gute Alte“ in die Zukunft zu retten versuchen. Das alte Bauern¬hauses „Sasa¬yuri-ann“ lädt zum Verweilen ein: hier kann man, ohne jemanden zu stören, den gran¬¬diosen Panaromablick, den man von der „irori“-Feuerstelle aus hat, mit seinen Freun¬¬¬den zusammen entspannt und gelassen genießen. Man findet hier den – anderen - Reichtum und Luxus, den des Schlich¬ten und Einfachen.

Wir glauben, dass die schöne Naturlandschaft, der heimatliche und freundliche Anblick des Dorfs mit seinen Bauernhäusern – und das Lächeln der Menschen, die hier wohnen, die beste Art von „Gastfreundschaft“ sind, die sich denken lässt.

Gerade in diesem einfachen Bergdorf Fukano kann man, glaube ich, darüber nach¬denken, wie die Welt sich verändert. Das urspüngliche Bedürfnis der Menschen, die dem Feuer, der Erde, dem Wasser nahe sein wollen, findet hier seine Erfüllung. Hier kann es sozusagen durch ein japanisches Kaleidoskop beobachten, wie Fukano sich ständig verändert, zusammen mit dem Wechsel der Jahreszeiten. - Wie heiter es ist, wenn die Sonne scheint, wie geheimnsvoll, wenn es regnet...


 „Möge das Sasayuri-ann ein Haus sein, von wo sich die „von einer Ecke aus“ erhellt, wo die Menschen miteinander lachen und den Reichtum ihrer Herzen fühlen.“

Wir wünschen aus ganzem Herzen, Sie bei uns begrüßen zu dürfen.


Besitzer des Sasayuri-ann : Matsubayashi Shôtetsu 





Postskriptum
Gedanken des Besitzers des Sasayuri-ann über Fukano


Es gibt den alten Ausdruck „Lob des Landes“, kunihome. Wenn ich jetzt von „Fukano“ erzähle, wird es nichts anderes sein als ein solches „Lob des Landes“.

Dieses liebenswerte Bergdorf „Fukano“ liegt 450 Meter über dem Meerspiegel, auf 34.59 Grad nördlicher Breite und 136.04 Grad östlicher Länge. In der Mitte der Kii-Halbinsel. Vom Süden der Halbinsel aus gesehen nördlich der Linie Kumano – Kôya – Yoshino, ein unbekanntes Dorf, das aber seit alters reich an Wasserquellen ist, die das Leben der Menschen hier ermöglichten.

Wegen dieser Quellen, gilt die Gegend seit dem Altertum als ein „Heiliger Ort“. Alle Heiligen Orte auf der Kii-Halbinsel sind „Himmelsorte“ mit reichlichen Wasserquellen, aus irgendeinem Grund wurde den Ortsnamen das Zeichen für „no“, „Feld“, hin¬zuge¬fügt.

„Fukano“ ist nicht nur ein Heiliger Ort mit Wasserquellen, auch sein „Himmels¬pa¬no¬rama“ bietet eine besondere Aussicht, die hinter denen von „Kumano“, „Kôya“ und „Yoshi¬no“ nicht zurücksteht.

Seit dem Altertum denkt an in Asien, dass der Kosmos aus dem Elementen „Erde, Wasser, Feuer, Wind und „Leere“. Man kann sagen, dass man in diesem Bergdorf „Fuka¬no“ diese so genannten „Fünf Großen“ gleichsam „in dieser Welt“ spüren kann.

Ich denke, dass der Mensch ursprünglich mit dem Verlangen nach diesen Elementen ausgestattet ist. Verbunden mit der Orientierung nach Osten: Der Morgenstern vor Tagesanbruch, dann der Sonnenaufgang, der die Welt der „Leere“ und die der Sonnengöttin Amaterasu spüren lässt. Mir scheint, das „Fukano“ ein Ort ist, ein „Feld“, „no“, wo man spüren kann, wie stark die Menschen des Altertums versucht haben, sich unmittelbar mit dem Kosmos zu verbinden.